Eine Heimat, die Kinder träumen lässt

Datum 16.05.2011 09:24 | Thema: 

Eine Deutsche hilft dabei, junge Menschen im peruanischen Cusco zur Selbständigkeit zu erziehen.
Anke Richter aus Lingen arbeitet als Freiwillige im Projekt Jugendhaus Quiquijana der Kinderhilfe Cusco Peru. Gefördert wird dieser Einsatz durch das "weltwärts"-Programm des BMZ. Aus Quiquijana berichtet sie regelmäßig:

 Eliana ist eines von 80 Kindern die im Jugendhaus in Quiquijana leben
Eliana ist eines der Kinder in der Albergue
Foto: Kinderhilfe Cusco-Peru e.V.
"Ich bin jetzt schon ungefähr sieben Monate in der Albergue und die 80 Kinder, mit denen ich täglich zusammenarbeite, wachsen mir immer mehr ans Herz. Während es am Anfang noch schwierig war, sich ihre Namen zu merken, lerne ich nun  Geschichten zu den einzelnen Gesichtern kennen. Zu wissen, welches Los die Kinder tragen, macht es einfacher, ihr Verhalten zu verstehen.

Als wir Freiwilligen im November in das Dorf Huacwalaguna gefahren sind, haben wir das erste Mal sehen dürfen, wie „unsere“ Kinder leben und wo sie herkommen. Viele von ihnen wohnen in den sogenannten Communidades versteckt in den Bergen. Sie wandern teilweise jedes Wochenende drei bis vier  Stunden dorthin, wenn sie zu ihren Familien gehen. Die Dörfer sind abgeschnitten von der Zivilisation. Fremde sind in den  Communidades unerwünscht
Es sieht so aus, als lebten die Menschen dort im Einklang mit der Natur. Sie bauen Mais und Kartoffeln an. Ihre Häuser sind einfach. Die ganze Familie lebt in einem Raum, in dem auch geschlafen und gekocht wird. Teilweise teilt sich die Familie den Raum mit Meerschweinchen, die auf dem Boden herumlaufen und als Nahrung dienen. Sanitäre Anlagen gibt es nicht. Als WC dient ein Erdloch im Freien.
Wenn die Kinder in die Albergue kommen, finden sie eine andere Welt vor. Sie haben ein eigenes Bett, werden mit der täglichen Körperpflege vertraut gemacht, bekommen Anleitung bei ihren Hausaufgaben und vieles mehr. Zwei Kinder, die aus Quiquijana kommen, haben mir erzählt, warum sie in der Albergue leben:
Nayda ist 13 Jahre alt und bereits seit der Einweihung der Albergue Uñacha im Jahr 2007 in dem Jugendhaus. Nayda hat eine sehr junge Mutter. Als ihre Eltern sich trennten, war Nayda vier Jahre alt und ihre Mutter wollte sie nicht mehr bei sich haben. Seither lebte sie bei ihrer Großmutter in Quiquijana. 2007 zog sie dann in die Albergue, da es für ihre Großmutter zu anstrengend wurde, sich um ein Kind zu kümmern. In der Albergue fühlt sich die 13 jährige sehr wohl. Sie hat hier eine neue Familie gefunden und eine beste Freundin. In den Sommerferien von Weihnachten bis März bleibt Nayda in der Albergue. Es sind zu diesem Zeitpunkt nur wenige Kinder dort. Sie trägt als Älteste viel Verantwortung. So lernt sie zum Beispiel selbstständig zu kochen. Wenn die Schwestern nicht im Haus sind, kümmert sie sich um die anderen Kinder, von denen sie sehr respektiert wird. Zu ihrer Mutter will Nadya nicht zurückkehren, da diese sie als Vierjährige verstoßen habe. Nach ihrem Schulabschluss möchte sie studieren, um in einer Bank zu arbeiten.
Auch der 13 jährige Alberto ist seit 2007 im Jugendhaus. Seine Mutter war kurz zuvor an einer schweren Krankheit gestorben. Sein Vater trank nach dem Tod seiner Frau noch mehr als zuvor. Manchmal wenn er zu seinem Vater kommt, steht dieser so sehr unter Alkoholeinfluss, dass er sich nicht für seinen Sohn interessiert. Albertos 17-jähriger Bruder lebt ebenfalls in der Albergue. Die beiden halten zusammen und Alberto hat mit seinem Bruder eine Art Vaterersatz im Jugendhaus. Ihre beiden Schwestern studieren bereits in Cusco und Arequipa. Später einmal zu studieren ist  Albertos Traum, er möchte Polizist werden".

Artikel aus der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) vom 13. April 2011.
Der kursiv dargestellte Einführungstext wurde zum besseren Verständnis leicht geändert.





Dieser Artikel stammt von Kinderhilfe Cusco-Peru e.V.
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